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Absolute Raritäten beim Scheme-Obed

Am Freitag, den 02.02.2001, fand im Gasthaus Jägerhaus in Villingen der von der Arbeitsgemeinschaft Villinger Fasnet initiierte Scheme-Obed statt.

Nach einer kurzen Begrüßung durch Manfred Hermle, bei der er auch Gäste aus Schömberg, Bräunlingen, Donaueschingen und Stuttgart willkommen hieß, verlaß Karl Haas einen Aufsatz von Prof. Werner Mezger in der es um die Gegenüberstellung von Fasnet und Karneval ging.
Dieser Vortrag veranlasste sicher manchen Zuhörer zum Nachdenken,insbesondere die Gegenüberstellung zwischen der Pappnase und der Holzlarve.
Klar wurde bei diesem Vortrag auch, dass die Fasnet ein christliches Schwellenfest ist und keine Winteraustreibung, welche leider noch immer in vielen Köpfen herumgeistert.

Nach dieser fasnächtlichen Einstimmung, stellte Karl Haas das Lebenswerk des Hobby-schnitzers Helmut Hogg vor. Hogg, der 1907 in Villingen geboren wurde, begann erst im Alter von 70 Jahren mit dem Schemenschnitzen, nachdem er eines Tages beim Holzspalten ein Blattholz in den Händen hielt. Er schnitzte ca. 20 Jahren Schemmen aller Kategorien. So konnte Haas aus dem Schaffen von Hogg 12 seiner ca. 100 Schemen vorstellen, Murbele, Surbele und glatte Narroschemen. Als Helmut Hogg mit 90 Jahren die Schnitzeisen aus der Hand legte, konnte er auf eine beachtliche Schnitzerlaufbahn zurückblicken. Helmut Hogg verstarb im März 2000 im Alter von 93 Jahren.

Danach führte Manfred Hermle durch das Lebenswerk von Günter Merz. Dessen Ehefrau war es zu verdanken, dass viele Unikate vorgestellt werden konnte. Günter Merz erlernte vor dem zweiten Weltkrieg den Beruf des Feinmechanikers bei Kienzle in Villingen. Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft 1946, erlernte er bei seinem Vater Eugen Merz den Beruf des Holzbildhauers und legte seine Prüfung mit Bravour in Freiburg ab. 1957 bekam er wieder Arbeit bei Kienzle und wechselte wieder in die Industrie. Später erwarb er den Industriemeister Metall.
Dem Schnitzen blieb Günter Merz jedoch treu. So schnitzte er etliche Villinger Narroschemen, Surhebel und Murbele. Desweiteren schnitze er Narrosäbel, Triberger Teufel und Donau-eschinger Hansele. Neben zwölf Schemen aus seinem Lebenswerk konnten Tierfiguren sowie ein Fuhrwerk bestaunt werden. Seine letzte Arbeit, einen gekreuzigten Christus, konnte er leider nicht mehr fertigstellen. Günter Merz verstarb 1995 im Alter von 71 Jahren. Günter Merz hat durch seine Schnitzkunst die Villinger Fasnet bereichert.
Danach hatten die Besucher Gelegenheit die Werke aus der Nähe zu betrachten. Dabei entstanden etliche Diskussionen.

Nach einem kurzen Fasnetgedicht, das Peter Scheu vortrug, standen Surhebel- und Murbeleschemen (auf die vorgenannte Schreibweise legen wir besonderen Wert) im Mittelpunkt. Der Vortrag hierzu wurde mit viel Fachwissen und Kenntnis um die Materie von Karl Hoch gehalten.
So konnten die unterschiedlichsten Facetten der Surhebelschemen gezeigt werden. Jeder Surhebel ein Unikat, ein Kunstwerk für sich. Neben
Surhebelschemen von R.Neukum waren weitere Surhebel- und Murbeleschemen von Bösinger, O. Kleiser, W. Kleiser, Sturm, Weishaar, M. Merz, Hupfer und auch unbekannten Schnitzern zu sehen. Als Bonbon hatten die Initiatoren eine Nachbildung der Narrovaterscheme zu zeigen. Diese wurde von F. Moser nachgebildet und kam auf nicht nachzuvollziehenden Wegen nach München. Dort konnte sie im Jahr 1956 von einem Villinger Narro in einen Antiquariat erstanden werden. Für sage und schreibe DM 30,00. Neben der Nachbildung des Narrovaters konnte der Narro eine weitere, glatte Scheme von F. Moser für ebenfalls DM 30,00 erstehen. Beide Schemen befinden sich noch heute im Besitz dieses Narros.

Danach hatten die Zuschauer wiederum Gelegenheit die vorgestellten Schemen anzuschauen.

Nach einem weiteren Fasnetgedicht, wurde eine weitere Rarität vorgestellt. Ein Murbele, welches von Domenikus Ackermann (genannt Ölmüller) im Jahre 1815 geschnitzt hatte. Ein weiteres Murbele von Ackermann konnte per Dia gezeigt werden. Im "Lichtgang" Ausgabe 1958 ist dieses Murbele abgebildet. So kann heute davon ausgegangen werden, dass Ackermann mindestens zwei Murbeleschemen geschaffen hat.
Als weiteres konnten Schemen aus Pappmache gezeigt werden. Lange Zeit ging man davon aus, dass solche Pappmacheschemen in den 20-iger Jahren aufgetaucht sind, das gleiche gilt im übrigen auch die Capes der Narros und Surhebel. Weit gefehlt. Aufgrund eines Gemäldes
des Künstlers Engler aus dem Jahre 1902 sind auf dem Bild sowohl zwei Hästräger mit Papp-macheschemen zu sehen, davon trägt ein Hästräger ein Cape.

Hiernach wurden glatte Schemen vorgestellt. Über Schemmen von D. Ackermann, Wiedel, Sieber alt und jung, Wiedel, M. Merz, Bösinger konnte man auch die jüngst geschaffenen Werke von Schmiechen, Kiffe und Fehrenbach bewundern. Als weiteres konnten auch Barockschemen gezeigt werden, die in ihrem Ausdruck einfach einmalig sind.

Gegen 22.45 Uhr ging ein weitere Scheme-Obed wieder zu Ende. Rund 150 Schemen aus verschiedensten Epochen und Stilarten konnten wieder gezeigt werden. Die gezeigten Schemen, sind alle im Privatbesitz und werden der Arbeitsgemeinschaft Villinger Fasnet, dankenswerter Weise immer wieder zur Verfügung gestellt. Ohne dieses Vertrauen und die Unterstützung Villinger Bürger, könnte eine solche Vielfalt nicht vorstellt werden. Solche Abende sensibilisieren die Zuhörer und Zuschauer für die Belange, nicht nur der Villinger Fasnet, sondern der Fasnet, wie sie ursprünglicher nicht sein könnte.

Leserbrief gegen die Vermarktung der Villinger Fasnet

Wie der Artikel im Südkurier vom 08.02.2001 es zu verstehen gibt, möchte der "städtische Angestellte und Vermarkter der neuen Tonhalle " Herr Hässler die Vermarktung der Villinger Fasnet und dazu die stärkere Einbeziehung des Fernsehens, da sonst dem fasnächtlichem Villinger Brauchtum der Niedergang drohe.
Wir, die Arbeitsgemeinschaft Villinger Fasnet, lehnen dies eindeutig ab. Der Festumzug 1999 hat klar bewiesen, wie durch eine fernsehmäßige Aufbereitung der Umzug für Teilnehmer und Zuschauer gänzlich unattraktiv wurde. Damit man vor den Fernsehkameras und den Honoratioren in der Oberenstraße fernsehgerecht laufen konnte, wurde der Umzug vor dem Oberen Tor angehalten und die Gruppen einzeln abgerufen. Dies führte in der Niederenstraße zu Stockungen von bis zu 15 Minuten (!) Länge und in der Rietstraße zwangsweise ebenso große Lücken.
Vor ca. 5 Jahren fand in Rottweil eine Diskussion über "Fernsehen und Fastnacht" statt. Dabei wandten sich namhafte Vertreter der Rottweiler Narrenzunft gegen die Ansprüche der Fernsehmacher, wie der Narrensprung übertragen werden müsste. Der Vertreter des SWF erklärte nämlich:

"Vorrang habe das Fernsehen, wenn der Zug ins Stocken gerate oder behindert werde, sei dies egal". Was Fernsehen anrichtet, zeigt die von den Funktionären abgesagte Fastnacht 1991. Mainz, das sich rühmt, die Fernsehfastnacht überhaupt zu machen, war in vorauseilendem Gerhorsam die Stadt, in der als erste Fastnacht abgesagt wurde.
Wer die Villinger Fasnet erleben möchte, soll - von sich aus und aus eigenem Antrieb- nach Villingen kommen. Jede "Fremdsteuerung" aber verfälscht und gefährdet diese unsere Fasnet!

Die Fasnet zu vermarkten, bedeutet, sie für andere Zwecke zu instrumentalisieren. Fasnet ist in Villingen zuallerserst für uns Villinger da, für Einwohner und Narren gleichermaßen. Dieses Heimatfest kann durch Fremde, die die Eigenheiten unserer Fasnet nicht kennen, nur gestört und verfälscht werden. Der Morgenstreich in Basel hat durch den "Fremdenauftrieb" sicher nicht gewonnen. Die Vermarktung der Fasnet durch das Verkehrsamt hat bisher dazu geführt, dass beim Maschgerelauf zeitweise ca. 100 Meter für geworbene Gäste freigehalten werden
musste.
Nach Werbung kommt zwangsweise das Sponsoring. Narro Müller bekommt sein Häs z.B. wegen angepasstem Verhalten von der Stadt bezahlt.
Heute Vision morgen Wirklichkeit? Fremdenführer im Narrohäs?
Werbung macht man für Leistungen, die gekauft werden sollen. Fasnet ist nicht verkäuflich, wohl kann sie verkauft werden.
Wir hoffen, dass die besonnenen, nachdenklichen und wertorientierten Kräfte im Zunftrat Herrn Hässler mehr als ein närrisches "SO NICHT" entgegenhalten.